Saturday, October 1, 2011

Kaffee mit Muachim

Muachim kommt um acht Uhr abends zu Besuch auf Tee und Kaffee. Es gibt Datteln und Zuckergebäck, denn wie meine Arabischlehrerin sagt: "Kachwa w tamr"- Kaffee und Datteln sind ein Zeichen der Gastfreundschaft. Der Archäologe aus Gaza trägt sein zu enges Kanada-T-Shirt wie um uns zu zeigen, dass er gar nicht so konservativ ist. Seine Frau bringt er trotzdem nicht mit, wird aber im Laufe des Abends nacheinander von seinen Söhnen angerufen, die kurz darauf in unserer Tür stehen: nach Alter geordnet, als wären sie zum Vorzeigen verabredet. Der Älteste ist in der zwölften Klasse und möchte bei Qatar Airlines Pilot werden.
Muachim hat in Westberlin studiert und die Wiedervereinigung miterlebt. Als er auf der Heimreise ein Stück Berliner Mauer nach Palästina einführen wollte, meinte der Grenzer, Mauerbrocken gäbe es in Gaza doch genug! Weil es nicht viele palästinensische Akademiker aus Gaza gibt, hat es Muachim zu einiger Berühmtheit gebracht: Henry Ford und Bill Clinton hat er begrüßt, und gut erinnert er sich an einen Besuch von Johannes Rau, dem er die archäologischen Sehenswürdigkeiten seiner Heimat näherbringen sollte: Die in Sachen Catering wenig beschlagenen Gastgeber hatten die Erfrischungsgetränke zu lange in der Sonne stehen lassen, so dass die Coladosen zum Empfang des Bundespräsidenten effektvoll explodierten und Frau Rau in einen Lachkrampf schickten. Frau Rau, lacht Muachim, halb so alt wie ihr Mann und an Archäologie kein bisschen interessiert! - Er schlägt vor, dass wir sein Foto in der deutschen Schule aufhängen, nach dem Motto: Es gibt in dieser Stadt jemanden, der den deutschen Bundespräsidenten persönlich gekannt hat!

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