Saturday, September 24, 2011

Freiheit für Palästina

Palästina ist ein emotionales Thema dieser Tage: Die Zeitungen zeigen den Emir in traditionellen Gewändern an goldenen Tischen mit arabischen Staatsoberhäuptern, in schnittigen Anzügen mit Hillary Clinton, oder als Sprecher in der UN Vollversammlung. Alle sind sich einig: die USA müssen ihr Veto gegen Palästina zurückziehen um glaubhaft für Frieden und Demokratie eintreten zu können. Keine Sympathie für die israelische Lobby. Als diese Woche ein neuer Holocaust-Streifen in die Kinos kommt, reagiert die katarische Internetgemeinde gereizt auf das Thema und die Opferkarte, die Israel immer und immer wieder ausspielt. Ironische Kommentare in den Theatersitzen. Gute Nazis? - Nein, aber man wünscht sich ein aktuelleres Bild und eine Alternative zu Hollywood.


der Prozess

Möglich ist es, dass ihn irgendjemand angezeigt haben könnte, denn ohne, dass er etwas Böses getan hätte, fühlt P. er könne jeden Augenblick verhaftet werden.
Am Donnerstag ist ein weißer SUV in unseren schwarzen Seat gefahren und hat einen Prozess in Gang gesetzt, der aus Kafkas Feder stammen könnte: Niemand weiß, was genau geschehen muss, wenn zwei Autos zusammenstoßen und sich dann eines von beiden aus der Affäre zieht ohne sein Kennzeichen zu hinterlassen. Peter meint, er könne angezeigt worden sein, obwohl es nur unsere Stoßstange ist, die eine Delle davongetragen hat. Also fahren wir zurück zum Kreisverkehr, wo alles passiert ist, zur Autovermietung, wo man uns erklärt, man brauche einen Polizeibericht um überhaupt einen Wagen in die Werkstatt bringen zu können. Das sei hier nunmal so: Der Staat will wissen, was passiert ist. Also machen wir uns auf den Weg und suchen die Polizeistation, die für den Stadtteil des Unfallorts zuständig ist, fragen eine Gruppe Jugendlicher in weißen Dishdashas. Die lachen über ihr eigenes schlechtes Englisch und haben offenbar keinen blassen Schimmer. Wir folgen dem Rat eines ernsten Inders, der einen verlässlichen Eindruck macht und enden in einer Sackgasse aus Schotter und Staub.Wir fragen einen Katari in weißem SUV, die Sorte, die einem in die Stoßstange fährt, bekommen eine Wegbeschreibung, fahren im Kreis und enden an der Einwanderungsbehörde. Die Stadt ist eine Riesenschlange, die sich häutet, ein Labyrinth, dessen Mauern sich ständig verschieben, wo Straßen im Nichts enden, Kreuzungen über Nacht verschwinden und Behörden schneller umziehen, als die Straßenkarten gedruckt werden. Irgendwann haben wir die Polizei gefunden, nur um zu erfahren, dass für unseren Abschnitt eine andere Station zuständig ist. Die zwei Polizisten drehen und falten unseren Stadtplan, fahren mit den Fingern die feinen Adern entlang, streiten darüber, ob man an diesem oder jenem Kreisverkehr links oder rechts abbiegen muss, und wir merken schon: das wird eine lange Nacht.

Wednesday, September 21, 2011

Lehrerinnenfortbildung

Am Montag haben wir einen Ganztagesworkshop im Hause der Schulleiterin: Ein untersetzter Mann in orangefarbenem Hemd kommt aus Köln, um uns in die Geheimnisse der Phonetik einzuweisen. Gewisse phonetische Zwischenklänge bringen ihn dann aber ziemlich schnell aus dem Konzept: Der Gebetsruf aus der Moschee nebenan, das Babygewimmer aus Katrins Kinderwagen, Hausfrauengezwitscher in den verlängerten Kaffeepausen... Und ich hätte wissen müssen, wenn es einen Ganztagesworkshop gibt, sind viele Partnerspielchen, langsam gekaute Diskussionen, Stuhlkreis und Atemübungen involviert. Es kam sogar noch schlimmer: Mit Korken zwischen den Zähnen standen wir bald im Wohnzimmer, der Projektor auf dem Bügelbrett, bunte Poster ringsum an die Bücherregale geheftet, und übten Zungenbrecher, führten theatralische Unsinngedichte auf, trommelten und rasselten Wortsilben mit Rhythmusintrumenten, warfen Bälle und lasen von Papierschnipseln ab, während zwischendurch Ankes Kinder aus der Schule kamen und entsetzt das Treiben in der Stube beäugten. Gut, wenn man als Lehrer ab und zu den eigenen progressiven Methoden ausgesetzt wird und merkt, was man den Kursteilnehmern da eigentlich antut.

Souq am Freitag

Der Souq am Freitagabend: Verschleierte Frauen bereiten Crepes auf heißen Platten: den Teig verteilen sie mit der flachen Hand. Eine Frau schlägt ein Ei in den Teig, eine andere ein paar Spritzer Tobasco Sauce. Eine Dritte streut Käseraspeln. Gegenüber kann man ihre Schleier kaufen: durchsichtiges Schwarz mit Mundlatz. Wie ißt man damit eigentlich? Ein Mann führt einen Falken unter der Haube aus, es gibt Fleisch am Spieß, glitzernde Stoffe in allen Farben, Seifenblasen aus Plastikpistolen. Hausfrauen verkaufen Selbstgekochtes aus silbernen Töpfen. Wir wollen eine Tischdecke und bekommen Teppiche mit verschlungenen Mustern ausgefaltet. Später sitzen wir wie im Beduinenzelt in der Familienabteilung eines Restaurants, die fein geschnitzten Tische tatsächlich durch Teppiche geschützt . Jeder bekommt eine große Schüssel Fleisch und Gemüse, unmöglich alles aufzuessen.
Ausgeschlossen von der Pracht des Basars sind indische Arbeiter, die in den Seitengassen von Polizisten in beigen Uniformen und weißer Gutra zurückgewiesen werden. Wir beobachten und überlegen, wie man wohl die Arbeiter von Studenten, die Inder von Nepalesen unterscheidet, und ob auch Phillipinos draußenbleiben müssen. Ist das nun Rassentrennung oder die Abgrenzung von Privatgrund? Geht es um Hautfarbe oder Geld? Und wohnen die Arbeitsmigranten auch in Ghettos, die den Touristen und Geschäftsreisenden verborgen bleiben?



Friday, September 16, 2011

Weiße Frau am Pool

Ich habe das Gefühl ich bin so eine Art Compound-Gespräch, die weiße Frau am Pool, da ich mich mindestens zweimal am Tag beim Clubhaus blicken lasse, zwischen kreischenden kleinen Arabern und Indern meinen Laptop aufklappe, und versuche mein Email Konto unter Kontrolle zu halten. Oder ich sitze mit einem Buch am Poolrand und warte auf den Moment, da die Schreihälse zum Essen gerufen werden. Dann drehe ich ein paar Runden: mein Sport für heute.

Gestern hat sich ein kleiner Junge aus Bangladesh ein Loch in den Kopf gestoßen, als er am Poolrand ausrutschte. Mutter und Schwester hatten vorher um die Wette getaucht, beide mit langen weißen Kopftüchern und Blasen schlagenden weiten Gewändern. Nun schauten alle auf mich. Offenbar erwarteten sie von einer Amerikanerin, für die sie mich zweifellos halten, effizientes Krisenmanagement und Krankenschwesterfähigkeiten. Die Mutter rief panisch zu mir herüber, sie brauche Hilfe, da waren schon die Sicherheitsleute vom Clubhaus da und bestellten einen Krankenwagen. Irgendwie schienen sie meine Ratschläge trotzdem zu beruhigen: Ruhe brauche der Junge, sagte ich, und die Mutter brachte ihn sofort vor der neugierigen Kinderschar in Sicherheit und nach Hause. Derweil fragten die Krankenhausmitarbeiter am Telefon nach der Nationalität des Jungen, was ihre Hilfe wohl eher verzögerte...

Nachtleben um die Ecke

Nachts, nach Schließungszeit, klettere ich nochmal durch ein Loch im Zaun in den WiFi- Bereich am Clubhaus. Erschrocken stehe ich plötzlich vor dem Sicherheitsmann. Dieser schmächtige Junge ist noch ganz neu und sichtlich stolz auf seine Uniform und den guten Job, lächelt breit und stellt sich vor: Dheepi (oder so ähnlich) aus Nepal, und ich verstehe sein Englisch kaum. Er bleibt bei mir und tritt von einem Fuß auf den anderen, fragt woher ich komme, und wie es in den USA sei, und ob man nach Deutschland einwandern könne - ein ganz sanfter Junge, der die frechen Araberkinder kaum unter Kontrolle hat und sogar von den Mädchen wie ein Diener behandelt wird. Letztere haben schon gelernt Befehle auszuteilen: Streng rufen sie ihn herbei und fragen, warum er an "Ladies Day" Jungs in den Poolbereich lasse! Mein Nepalese kniet sich zu ihnen hinunter und erklärt ganz ruhig und freundlich, als hätte er tatsächliche Ladies vor sich. Und ich? Ich merke, wie viele Länder es gibt, über die ich eigentlich gar nichts weiß: Nepal - Hochglanzfotos mit Bergen und Tempeln in Tourismusbrochüren?! Er versteht und drückt mir die Visitenkarte seines Onkels in die Hand, dem eine Reisefirma gehört. Tatsächlich: in der Ecke ein Foto mit Tempel vor Bergkulisse!

Die Halbstarken im Compound langweilen sich des Nachts. Man sieht sie vor dem Supermarkt herumlungern, Brause kaufen und heimlich Zigaretten rauchen. An unserer Hausecke treffe ich auf die Horde. Diese verstummt mit einem Schlag; alle Augen richten sich auf mich. So langsam wird mir klar, warum es so wenig Amerikaner in "Al Zuhoor" gibt: Die ziehen früher oder später in den privateren Komplex "Bin Nasser" um...

der Geist der verschwundenen Dinge

Gedankenversunken steht er in der Küche und hat schon wieder vergessen, was er eben noch suchte. Verdutzt schaut er auf die Kaffeetasse in seiner Hand und erinnert sich: einen Löffel! Dabei liegt das Plastikgeschirr direkt vor ihm auf dem Küchentisch. Mein Mann gehört zur Spezies von Mensch, die sich vollkommen in einer abstrakten Aufgabe vergraben, und dann zum Zeugen werden, wie die Welt der Alltagsgegenstände sich gegen ihn verschwört. Mein Akademiker begreift dann jeden Zufall als Schicksalswendung, spricht von einem Geist, der in unserer Wohnung haust und das Portemonnaie just in dem Moment in Luft auflöst, wenn wir zum Essen verabredet sind, oder den Führerschein unter dem Teppich verbirgt und ihn erst wieder zum Vorschein bringt, wenn es zum Aufbrechen zu spät ist. Gelegentlich nehmen die Gespenster überhand, dann rauft er sich die Haare, macht ein Gesicht des Elends und beteuert mit einem Flackern in den Augen, dass er in ständiger Angst lebe einen falschen Schritt zu tun.
Reisen fordern von uns die genaueste Vorbereitung, sollen sie nicht im Desaster enden. Bevor ich von diesem Fluch wusste und entsprechende Vorkehrungen traf, waren alle unsere Ausflüge eben das: die reinsten Desaster, auf denen alles schiefging, was nur irgendwie misslingen konnte. Ich erinnere mich an eine Reise, die zum Stillstand kam, bevor wir überhaupt unser Haus in Berlin verlassen hatten: beim Beladen des Autos hatten wir es geschafft uns aus der Wohnung auszusperren! Glücklicherweise konnten wir mittels Mobiltelefon einen Schlüsseldienst rufen. Mit zweistündiger Verspätung trafen wir bei den verabredeten Bekannten ein. Zu anderen Anlässen schien sich die Natur ganz ohne Zutun von Schusseligkeit gegen uns zu verabreden: Im wunderbaren kroatischen Split wurden wir von Sturzregen begrüßt, dem kein Regenschirm gewachsen war. Flüsse rauschten über die Windschutzscheibe unseres kleinen polnischen Fiat, aber mein Mann war fest entschlossen zurückzuschlagen und unserem Gespenst der Widrigkeiten nicht klein beizugeben. So gelangten wir schließlich mit fest am Körper klebender Kleidung und Schuhen voll Wasser in die Herberge. Ob platte Reifen, ausgebuchte Hotels, Klein- oder Großkriminalität, zielsicher trafen uns sämtliche Reisepannen.
Wie unsere Katze hasst mein Mann neue Wohnungen, was besonders unpraktisch ist, da wir bisher nie länger als zwei Jahre in ein- und derselben zugebracht haben. Während sich die Katze tagelang hinter Vorhänge und unter Sofas drückt und bei jedem Geräusch zusammenzuckt, als finge ein Krieg an, breitet mein Mann unsystematisch ein Sammelsurium von Zetteln, zerfledderten Büchern, Heften, zerknüllten Taschentüchern, Schlüsseln, Schrauben, Kabelsalat, Tüten, und Taschen über den ungewohnten Wohnraum, nur, um ein paar Stunden später den ersten Nervenzusammenbruch zu erleiden: Sein Pass sei unauffindbar! Nun bliebe uns nichts weiter übrig, als zur Botschaft zu fahren und für $500 einen neuen zu bestellen. Da er aber ohne Pass nicht Auto fahren könne in diesem Land, seien wir wohl oder übel verloren, und Schuld an allem sei nur diese vermaledeite neue Wohnung! Keine rationale Erklärung kann ihn in solchen Momenten davon abhalten unseren bösen Hausgeist zu beschwören. Slavischer Fatalismus breitet sich aus, bis ich den Pass aus eben jener Tasche ziehe, die wir vorher als "Tasche für alles Wichtige" festgelegt hatten.

Dubravka Ugrešić zält in einem ihrer Bücher die Dinge auf, die im Bauch des Walrosses Roland gefunden wurden, nachdem es 1961 im Berliner Zoo starb: "ein rosa Feuerzeug, vier Eisstäbchen (hölzern), eine Metallklemme in Form eines Pudels, ein Bieröffner, eine Frauenhalskette (wahrscheinlich Silber), eine Haarspange, ein Plastikmesser, eine Sonnenbrille, eine Metallfeder (klein), ein Gummiring, ein Wurfgeschoss (Kinderspielzeug), eine Stahlkette von 18cm Länge, vier Nägel (groß), ein grünes Plastikauto, ein Metallkamm, ein Plastikband, eine kleine Puppe, eine Bierdose (Pilsner, halber Liter), eine Schachtel Streichhölzer, ein Babyschuh, ein Kompass, ein kleiner Autoschlüssel, vier Münzen, ein Messer mit Holzgriff, eine Babypuppe, ein paar Schlüssel (fünf), ein Vorhängeschloss, eine kleine Plastiktüte mit Nadeln und Faden." Die kuriose Sammlung von zufälligen Gegenständen erinnert an den Wust von Kleinteilen, der meinen Mann begleitet, wohin er auch geht. Haben wir an einem Ort mehr als drei Tage verbracht, lagern sie sich überall ab, die Grüppchen von Münzen und Gummibändern, Papierschnipseln, Feuerzeugen, Batterien; als könnte er nichts Neues mehr schlucken; als habe er schon mehr angesammelt, als ein Magen verdauen kann in einem Leben.
Unsere Lieblingsstadt ist Berlin. Sie ähnelt dem Magen meines Mannes. Ugrešić schreibt, Berlin habe wie das Walross Roland in seinem Leben zu viel Unverdauliches geschluckt: Im Teufelsberg liegen wie zum Beweis 26 Millionen Kubikmeter Trümmer unter der Grasnarbe. In Berlin tritt man mit jedem Schritt in ein anderes Extrem der Geschichte. Unheimlich ist's in der leeren U-Bahn, wenn man im Abteil allein fährt. Unter der Erde: Unverdaulich-Unvereinbares, Vergangenes.
Wenn Menschen Städten ähneln, so ist die Lebensgeschichte meines Mannes eine ebenso ungeordnete Ansammlung von Dingen, die sich im Innern ablagern und aufeinanderschichten: Geboren im kommunistischen Polen der späten 70er Jahre, aufgewachsen im bettelarmen Lybien und Ägypten der 80er, Fremdling und halbherziger Katholik im konservativen Colorado und dann Teil der Neuen Linken im kriminalitätsgeschüttelten New York City. Als Erwachsener: Reisen zurück in das Geburtsland Polen. Leben testen in Berlin, in New Jersey.
Vielleicht muss man heute in ein reiches und zutiefst traditionelles Land wie Qatar gehen, um das Lebensgefühl einer Kindheit im Sozialismus wiederzufinden: Hier predigt man Familie, Moral und Nächstenliebe, verwirft Dekadenz und Egoismus. Es ist leicht zu kritisieren --- oder zu glauben. Wer die gängigen Werte akzeptiert, hat Chancen auf einen gut bezahlten Job. Wer dagegen ist, verlässt das Land. Die Kinofilme hier sind jugendfrei, die zensierte Musik harmlos; Fernsehsendungen bilden, Zeitungen bestätigen die bestehende Welt, die hier Wahrheit bedeutet. Identität ist erlaubt.

Von Zeit zu Zeit überrascht mich mein Mann mit seiner eigenen, skurrilen Poetik, die das scheinbar Unvereinbare nebeneinanderrückt. In unserem derzeitigen Wohnsitz zeigt er auf die Katze, die sich in der Gardine zusammengerollt hat: "Sieh, sogar Kleo trägt hier Schleier!" Auf der Straße rauscht eine schwarz Vermummte samt Entourage im dicken Jeep vorbei: "War das eben Darth Vader?" - Für einen Moment staunen wir über die Genauigkeit, mit der der Vergleich ein Gefühl trifft, lachen, und vergessen das Gespenst der unvereinbaren Dinge.

Tuesday, September 13, 2011

Happy People

Heute quetschen wir uns mit Henry und seiner kleinen amerikanisch-vietnamesischen Familie ins Mietauto und fahren eine neue Mall entdecken. Unterwegs imitiert Henry sehr gekonnt deutsche Schlager,  Nena und Falco. Wir probieren Zungenbrecher in verschiedenen Sprachen: "That thirsty girl turns thirty next Thursday"- Wenn Henrys Frau Than das ausspricht, wird daraus eine Reihe dirties. Alle lachen, am meisten Than selber. Baby Christo kann noch nicht sprechen, lacht aber laut mit. Überhaupt lachen die Vietnamesen viel: Wenn Than eine Komödie schaut, kann sie nicht aufhören zu lachen, "als wäre sie auf Drogen," so Henry, der sich liebevoll über seine lustige Familie amüsiert. Christo bekommt manchmal einen Lachanfall, dass man Angst um seine Gesundheit bekommt. Dabei ist das Lachen so gesund, dass die allerernstesten Situationen leicht werden: Wenn Than in der Öffentlichkeit stillt, stört das auch die konservativen Kataris nicht, denn wer könnte etwas gegen eine lachende Mutter mit lachendem Baby an der Brust einwenden? Im Restaurant lacht ein Seebär von einem Mann vom Nachbartisch herüber, ein mächtiger Grieche, der von seiner Insel Zypern schwärmt und uns schmunzelnd seinen Rententraum ausmalt: in ein paar Jahren werde er nur noch im Park sitzen, Wein trinken und mit seinen zehn Enkelkindern um die Wette lachen...

Deutsche Hausfrauen

Wie im Hühnerstall geht es zu beim deutschen Frauentreffen in Doha: Jede versucht im schwäbisch bis bayerischen Dialekt das Gespräch auf ihre Kinder und deren Schule zu bringen. Wenn ich von Amerika oder Polen, von der Uni oder Berlin anfange, spüre ich das Eis unter meinen Füßen dünn werden. Wahrscheinlich bin ich schon nach zehn Minuten Anwesenheit der ausgemachte Fremdkörper in diesem warmen Nest. Dabei haben die Mütter oft erfolgreiche Karrieren hinter sich: Eine ehemalige Juristin spricht von langen Einkaufslisten, eine ehemalige Ärztin kümmert sich um den Deutschunterricht ihrer vier Kinder. Sehr sympathisch und mit Sinn für Selbstironie sind die zwei syrisch-kanadischen, bzw. iranisch-amerikanischen Deutschen. Auf dem Nachhauseweg werde ich gefragt "mit welcher Firma" ich, das heißt mein Mann, denn da sei. Nach kurzer Aufklärung - aha, alle anderen sind bei deutschen Firmen in Qatar angestellt - erzähle ich von Qatar University. - Wie bitte, man kann auch von einer lokalen Bildungseinrichtung angeheuert werden?!

Jesus People

Wir sind zum Essen bei Todd und Anna aus Kansas. Ihr Stadthaus strahlt dunkle Förmlichkeit aus, in der Einfahrt ein ordentlicher Familienwagen. Drinnen: Klavier und antike Szenen an der Wand, aufgeräumtes Mobiliar. Es gibt schmale Spargelstreifen und Wildreis. Vor dem Essen muss auch der rothaarige William mitbeten, dafür, dass es "unseren Gästen" (Peter und ich sind gemeint) gut ergeht in diesem Land. Sie danken Jesus für dieses Geschenk (uns). Geschmeichelt und verlegen beginnen wir unser Abendmahl. Die beiden sind unglaublich hilfreich und klären uns über alle möglichen Eigenheiten und potentiellen Schwierigkeiten Qatars auf. Wie sich herausstellt, hatte die kleine Familie, die letztes Jahr aus Cambridge hierher kam, einen katastrophalen Start, bei dem alles schiefging, was bei den lokalen Gegebenheiten nur misslingen kann. Woher kommt so viel Pech? Todd ist trotzdem unglaublich verständnisvoll, lobt seinen und Peters Vorgesetzten, den mein Mann schonmal als faulen Blender charakterisiert hatte, und ist insgesamt moderat begeistert von den vielen Möglichkeiten, die die noch im Entstehen begriffene akademische Landschaft des Mittleren Ostens bereit hält. Mir wird klar, dass sich religiös-ernste Menschen von einer traditionellen muslimischen Gesellschaft angezogen fühlen müssen, und kreuze auf dem Formular für die Arbeitserlaubnis anstelle von "religionslos" lieber "christlich" an.

Friday, September 9, 2011

von Poolparties und Wasserschlachten

Wir leisten uns einen Tag im dekadent-teuren Beach Resort des Intercontinental Hotels um endlich einmal einen richtigen Strand zu sehen und das Wasser im Persischen Golf zu testen: Bikinis hier ausdrücklich erlaubt, Alkohol zum Mindestpreis von $10 kann direkt im Pool bestellt werden, Hotelbedienstete bringen Kühltücher und Getränke bis an die Liegestühle unter Palmen. Der Golf ist warm und weich, das Wasser sehr salzig: man kann drauf liegen. Komplett geschminkt und frisiert steigen Damen in Perlenketten und mit Cocktailglas in die Wellen; jung, gutaussehend und braungebrannt das Publikum an Strand und Pool.
Gegen Abend kommen ein paar arabische Familien. Eine Mutter im Schwimm-Dress, das aussieht wie ein Schlafanzug, lässt sich an der Westseite des Pools nieder, ihr Mann auf der anderen Seite. Ihre Kinder haben ganz neue und extra weit spritzende Wasser-Maschinengewehre, mit denen sie beginnen die dicken britischen Kinder zu ärgern. Diese sind zu zivilisiert, um das Spiel lustig zu finden; es entbrennt ein Kampf zwischen ehemaliger Kolonialmacht und einheimischer Befreiung. Am Ende muss der arabische Papa seinen Sohn widerwillig aus dem Gefecht ziehen. Später sitzt neben der Frau im Schlafanzug eine schwarz Vermummte, die ihren Sohn umständlich in den Pool hieft, indem sie zugleich ihre Tücher und Umhänge festhält. Ihr indisches Kindermädchen darf auch in den Pool, während sie selbst unter dem Sonnenschirm bleibt und mit ihrem Handy spielt: Wie langweilig ist so viel Luxus! Das Söhnchen fraternisiert sofort mit der Wasserpistolen-Gang, indem es diese immerfort und ziemlich nervtötend anspringt. Offensichtlich versteht das Kind die Spielregeln für Jungs besser als die europäischen Sissies!

teure Säbeltänze

 Langsam wird mir diese nationale Elite unheimlich: Gestern hat der Emir deftige Lohnerhöhungen für Staatsbürger im öffentlichen Dienst bekanntgegeben. Die betreffenden Kataris verdienen rückwirkend zum 1.September bis zu 120% mehr als vorher! Wozu solch krasse und selektive Gehaltserhöhungen? Das bedeutet, dass an der Uni nun Mitarbeiter nebeneinandersitzen, die exakt die gleichen Aufgaben ausführen, der eine aber weniger als halb so viel verdient, weil er kein Staatsbürger ist... Oder sitzen jene von Vornherein nur in den höheren Etagen der Verwaltung? Wer ist eigentlich katarisch und wer nicht? - Auf einmal merke ich, dass die netten Frauen in der Personalabteilung selbst aus Syrien und dem Iran kommen, obwohl sie die schwarzen Abayas tragen ("Die sind so praktisch: Ich muss nicht entscheiden, welche Bluse zu welchem Kopftuch passt... "), und dass wir eigentlich überhaupt keinen Kontakt zu echten "nationals" haben (Vielleicht sind die so reich, dass sie es sich leisten können im Ausland zu leben?)!
Hier ist, so scheint es, eine Nation am entstehen, die sicherstellen muss, dass sie vor lauter Einwanderern nicht untergeht, obwohl sie diese  braucht um sich selbst zu erfinden. Am Doha Film Institute lässt man sich von Franzosen zeigen, wie gute Filme gemacht und  nationale Mythen hergestellt werden. Im Oktober kommt "Schwarzes Gold" von Jean-Jacques Annaud auf die Leinwand: der erste Film, der in Qatar spielt und im Grunde die Geburt der Moderne auf dieser Halbinsel feiert. An der Universität zeigen amerikanische Professoren, wie man Geschichsbücher schreibt. "History of Qatar" wird von ausländischen Orientalisten und Religionswissenschaftlern unterrichtet, und in der Innenstadt bauen indische Arbeiter das "national museum," wie es schon jetzt seinen Platz in den Reiseführern hat.
Es wird spekuliert, dass die Lohnerhöhungen zum Heiraten und Kinderkriegen ermuntern sollen. Katarische Hochzeiten sind, so lasse ich mir von meinem phillippinischen Fahrer unterwegs zur nächsten Behördenhürde für die Aufenthaltserlaubnis erzählen, sehr teuer - "und LANGWEILIG!" - muss er lachend hinzufügen: "Beduinische Säbeltänze und Teetrinken unter Männern..."

Tuesday, September 6, 2011

Körper und Zeichen

Sieg der Rationalität: Heute hat der Hausmeister ein Plakat in den Pooleingang gehängt, auf dem Badeanzüge und Shorts beim Schwimmen eindeutig erwünscht sind! Na bitte, zwar kein Freischein für den Bikini, aber immerhin.  Lange Hosen und T-Shirts sind mit dickem Rotstrich durchkreuzt, aus hygienischen Gründen. Trotzdem sitzen ein paar Mädchen langärmelig und mit Kopftuch im Wasser, Eistüte in der einen, Coladose in der anderen Hand, was die Hygiene im Chlorwasser betrifft...

Ich versuche immernoch hinter die Männer- und Frauenwelten im Islam zu schauen. Die beiden Planeten kommen wirklich kaum miteinander in Berührung. Neulich erklärte uns ein Fahrer, dass Hochzeitsfeiern hier ohne Frauen stattfinden! Also, die Männer tanzen miteinander, die Frauen sitzen zu Hause und trinken Tee oder bemalen sich die Hände mit Henna; das schränkt ganze 24 Stunden die Bewegungsfreiheit ein... Frauen dürfen in der Öffentlichkeit nicht angefasst werden, aber die Männer halten sich ausgiebig an den Händen und scheinen sich den ganzen Tag lang zu küssen. Vor allem wenn einer eine wichtige Position hat, wird er immerzu umarmt und innig geküsst, obwohl man Homosexualität hier mit der Peitsche bestraft!
Bashak sagt, alles kommt von der Emotionalität und Körperbetontheit im Orient, die im W
esten durch Abstraktion und Rationalität ersetzt wurden. Wo der Körper im Westen nur noch Zeichen ist und nicht mehr als sexuell wahrgenommen wird, muss er hier verschleiert werden, damit die Welt eine Ordnung behält. - Ach so, deshalb ist FKK in Deutschland so beliebt?! - Im Christentum habe man das Symbol des Kreuzes, und eine abstrahierende Schriftkultur, im Islam mündliche Sprache, die an den Körper, an Mund und Zunge gebunden bleibt. - Ach so, deshalb wird mein Name hier in jeder Behörde anders geschrieben, was nur mich allein stört?!
Ich lese, dass die unterschiedliche Einstellung zu Körper und Zeichen auch eine andere Beziehung zum Geld mit sich bringt: Während man im Westen spart und spekuliert, wird hier kräftig ausgegeben: Für Paläste mit Paradiesgärten, für Diener, die diese pflegen, für große Autos, schöne Pferde, teure Schulen, exquisite Speisen, feine Gewänder, kurz: für alles, was das Ansehen der Familie erhöht, denn Schein ist alles. Geld verdirbt, wenn es nicht von Hand zu Hand geht, sagt ein orientalisches Sprichwort. Der Slogan würde sich in mageren Wirtschaftszeiten auch in Europa gut machen...

Monday, September 5, 2011

Staubige Strände


Japanischen Touristen klettern aus einem hohen Geländewagen, den man in dieser kargen Steinwüste im Hinterland braucht, und stellen sich für ein Foto vor die malerischen Fischerboote im Hafen von Al Khor. Weit und breit sind sie die einzigen, die sich für die bescheidene Sehenswürdigkeit des Hafenstädtchens interessieren. Wir jedenfalls suchen einen Strand: "Shatee!" - "Da ist er doch!" wird uns gezeigt: ein Flecken schmutziger Staub neben der Kaimauer. Unter einem ausgeblichenen Pavillion hat sich eine muslimische Familie niedergelassen. Die Frauen schwarz vermummt bis an die Zehenspitzen, Männer und Jungs wagen sich in langen Sporthosen über spitze Steine in das warme Nass. Notiere: Auch Männer zeigen hier nie nackte Beine! Ein kleiner Kreis, den bunte Betonblöcke als "Familienstrand"  ausweisen, ist vollgestellt mit robustem Kinderspielzeug. Ein Schild bittet den Besucher, sich an traditionelle Kleidervorschriften zu halten, was bedeutet, dass ich heute nicht baden werde. Der ebenso schmutzig-graue Strand des benachbarten "Beach Resort" kostet rund $80 pro Person, beinhaltet aber ein Luxusessen im orientalischen Fünfsternehotel, in dem einst der Emir übernachtete...

Shokran!


Der Innenstadtverkehr am Abend ist unerträglich: Jeder rückt dem nächsten auf die Pelle, man hängt mit der Stoßstange am Nummernschild des Vordermannes, wer mehr als 20cm Luft läßt wird angehupt. Irgendwann musste es passieren, dass wir in diesem Gedrängel in die Bordsteinkante fahren und uns mit plattem Reifen in der nächsten Ausbuchtung wiederfinden. In Ländern, wo man sich auf sein eigenes Mobiltelefon und Portemonnaie verlässt, würden wir den mehr oder weniger zuverlässigen Abschleppdienst bestellen und die gleichgültigen, vom verzögerten Verkehr genervten Autofahrer vorbeiziehen sehen. Im zentral gesteuerten Doha sind sofort zwei Helfer zur Stelle: ein Polizist, der den Verkehr regelt, und ein Händler, dessen Einfahrt wir blockieren. Die beiden tasten das Vorderrad ab, beratschlagen sich auf Arabisch, sammeln mögliche Werkzeuge zusammen, und entwickeln in Windeseile ein Zeichensystem, mit dem wir zusammenarbeiten können. In zehn Minuten ist der Reifen gewechselt, die zwei lächeln und verschwinden, und alles, was ich zum Abschied sagen kann ist "Shokran!"

Family Day


Ich traue meinen Ohren nicht, als ich am Eingang zur einzigen Grünanlage mit Wasserspielen und einem kleinen baumbewachsenen Hügel abgewiesen werde. Begründung: "Family Day"- nur Familien haben Eintritt! - Wie bitteschön definieren Sie "Familie," ich bin meine eigene Familie! - Sage ich dem Wärter, dem übrigens als männlicher Einzelperson genauso der Zutritt versagt werden müsste. Letzteres behalte ich für mich. Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, wie in aller Welt ich als Frau die Ehre der Familientöchter am Wiesengrund beschädigen könnte und halte den Wärter schlichtweg für frauenfeindlich. Verärgert stapfe ich am Zaun entlang zum nächsten Eingang, wo ich ohne Probleme durchgelassen werde. Der Park liegt bis auf uniformiertes Wachpersonal unter jedem zweiten Baum menschenleer vor mir. Schade um die Verschwendung von Rohstoffen! Alle öffentlichen Sport- und Erholungseinrichtungen werden hier in dreifacher Ausführung gebraucht: für Männer, für Frauen, für Familien. Eine Kategorie für unverheiratete oder nicht von ihren Familien begleitete  Männer UND Frauen gibt es nicht. In der Zeitung beschweren sich eingewanderte Arbeiter, dass sie an ihrem einzigen freien Tag nicht in den Park können wegen der Familienregelung. Auf der nächsten Seite wird berichtet, dass sich Frauen durch die Anwesenheit alleinstehender Männer an den öffentlichen Stränden unwohl fühlen und deshalb lieber auf ein Bad verzichten. Ach, wie man sich das Leben doch schwer machen kann!

Friday, September 2, 2011

Des Emirs Verkehrssünden


Ich versuche im Doha Verkehrsinfarkt zu lesen wie eine Hellseherin im Kaffeesatz. Was heißt es, wenn in einem Land, das so streng geordnet ist wie die konservative muslimische Welt, vom Beten und Füßewaschen über die Gastfreundschaft und rituelle Förmlichkeit, bis hin zur Geschlechter- und Klassenordnung, jeder fährt, als säße er nicht im Familienvehikel, sondern auf einem Araberhengst?
 Angeblich ist der Grund dafür, dass der amerikanische Führerschein seit ein paar Monaten in Qatar nicht mehr gilt, ein Verkehrsdelikt des Emirs, der auf seiner letzten Reise durch die Staaten von einem Polizisten gestoppt wurde. Wenn sogar der Monarch Drängeln und Rasen als Kavaliersdelikt begreift, die darauffolgende öffentlich-rechtliche Rüge als Gesichtsverlust empfindet, dann helfen auch die netten Papp-Polizisten am Straßenrand nichts, die dem Berserker am Steuer sagen: "Sich an die Verkehrsordnung halten ist ein Zeichen von Kultiviertheit." Bis zur WM 2022 haben sich die katarischen Autofahrer hoffentlich genug kultiviert, um ein Massensterben von Touristen in dreispurigen Kreisverkehren zu verhindern...

Katara

Eine Attraktion, die im Reiseführer von 2008 nur als künftiges Projekt Erwähnung findet, ist das Kulturstädtchen "Katara," zwischen der "Perle" und dem Monarchenwohnsitz gelegen. Der Ausstellungs- und Veranstaltungsort ist Privatbesitz der Al Thani Familie, genauso, wie der Souk dem König gehört, und die türkisfarbene Taxigesellschaft mit ihren Fahrern in hellblauen Uniformen und grünen Schulterklappen ihrer Hoheit der "Sheikha." Das Städtchen sieht von außen aus wie eine weiße Festung. Durch einen hohen Torbogen tritt man in eine Welt, die katarische Architektur und Größe repräsentiert. Typisch katarisch sind zum Beispiel zwei Lehmgebäude, die wie überdimensionale Bienenkörbe in den Himmel ragen, oben mit Lochmuster wie in einer Spitzentischdecke. Von innen muss es zum Sehen hell genug sein, während die Sonne nie direkt in den Innenraum scheint. Es gibt zwei wunderschöne Moscheen mit Lochlampen und vergoldeten Mosaiken, dazu viel Ausstellungsraum in arabischen Lehmbauten. Dominiert wird das Gelände von einem modernen Amphitheater aus Marmor, das an das Kollosseum in Rom erinnert und in seiner monumentalen Wucht einiges über den Anspruch auf Weltgeltung meines jungen Gastlandes verrät. Hatte man in Deutschland nicht auch einmal ein architektonisches Projekt mit Namen "Germania" auf dem Reißbrett? - Entschieden schiebe ich den Gedanken beiseite und freue mich über diese ideale Stätte für Freiluftkino und Konzerte das ganze Jahr über!  Angrenzend gibt es einen traumhaften weißen Sandstrand, der zur Feier des dritten Eid-Tages mit weißen Lampions bestückt ist. Auf der Promenade laden Zelte mit Kuppeln aus Segeltuch und Diwanen zum Verweilen ein, der Scheich spendiert eine einstündige Lichtershow zu Weltmusik über der Wasserfläche.
Fehlt eigentlich nur noch die Kultur in diesem Kultur-Rohbau. Das Technische haben die Kataris drauf, wie man überall sehen kann. Was man mit Geld kaufen kann, wird ohne Zögern hergezaubert. Aber die Ausstellungsräume bleiben vorerst leer, die Freilichtbühne ist ohne Vorstellung besonders eindrucksvoll. Und der Strand? Wir erfahren am nächsten Tag, dass der Eintritt $25 pro Person kostet. Untersagt sind: das Tragen von beinfreien Badeanzügen, "unruly behavior" (dargestellt zwei händehaltende Strichmännchen), Fotografieren, Drogen (Alkohol), ...

furchtlose Fußgänger

Die Straßen der Innenstadt platzen an Eid-Al-Fitr aus allen Nähten mit Arbeitern, die den Tag frei haben. Gefährlich laufen Männer in ihren besten Hemden vor die Autos. Auch mitten auf großen Kreuzungen wagen sie sich über die Straße. Was Doha fehlt, sind Fußgängerampeln und Brücken über die stark befahrenen Straßen der Innenstadt, die noch aus einer Zeit stammen, in der es zu wenig Verkehr für derartige Vorkehrungen gab. An der Corniche riskieren gleich ganze Gruppen von Indern ihr Leben, indem sie zwischen der Grünphase der Gegenrichtung und der der Linksabbieger über die drei Spuren hasten, laut schreiend und lachend. Die langgestreckte halbkreisförmige Promenade am Meer ist an diesem Abend voll gepackt. Männer sitzen in Scharen auf der Kaimauer und den palmengesäumten Rasenstreifen, manche auf Verkehrsinseln, haben unsichtbare Radios dabei, essen, lachen, setzen buntbeleuchteten Booten über, aus denen Hare Krishna-Pop dudelt. Überall Feierstimmung und gute Laune.