Tuesday, November 29, 2011

ein deutscher Advent

"Jauchzet, frohlocket, auf, preiset die Tage!" Die deutsche Gemeinde veranstaltet einen Adventsbasar und hat zum Weihnachtsoratorium von Bach geladen. An diesem Nachmittag platzt die kleine Schule aus allen Nähten: Zwar gehen sich Deutsche im Ausland eher aus dem Weg, wenn es aber um zünftige Weihnachtsemütlichkeit geht, rückt man eng um die Adventskränze zusammen. Einen besonderen Zauber haben die Vorbereitungen auf das Fest hier, wo außerhalb der deutschen Räumlichkeiten nichts auf die Weihnachtszeit hinweist, und wo man in den Läden allerhöchstens den auf europäischen Grabbeltischen liegengebliebenen Nippes vom letzten Jahr kaufen kann. Während eine deutsche Weihnachtsfeier in den USA am Ende immer nur auf ein amerikanisches x-mas hinausläuft, hat man hier selbstgebastelt und improvisiert, aus Deutschland eingeschmuggelt oder sündhaft teuer eingekauft. Die Stimmung ist feierlich, der Stollen echt, Räuchermännchen rauchen indisches Sandelholz, und grüne Bastgirlanden simulieren Tannengrün.
Das winzige Kammerorchester beginnt, ein energetischer Dirigent schlägt dazu den Takt, und der kleine Chor setzt erstaunlich kräftig ein. Die Sänger wissen, im Radius von zweitausend Meilen müssen sie das deutscheste aller Feste hochhalten. Ihr Konzert schlägt ein wie eine Kulturbombe in der Wüste, umstanden von den bunten Familien der Auswanderer, die ihre afrikanischen, singapurischen, arabischen und türkischen Freunde mitgebracht haben. Die indischen Putzer haben ihre Besen weggestellt und lauschen andächtig, und auf einmal wird mir klar, warum Schlingensief ein Operndorf in Burkina Faso baut, und warum Fitzcarraldo seinen Caruso in den Amazonas schifft: Die Musik ist bestechend friedlich und verbreitet Hoffnung in dieser staubigen Gegend.
Nach tosendem Applaus ist die Stimmung so gelöst, dass ich mich dazu hinreißen lasse, den kleinen Geschäftsleuten an ihren Bastelständen ein paar überteuerte Papiersterne und windschiefe Kerzenständer abzukaufen. Die kleinen Handwerker zählen ihre Scheine und grinsen: "Frohes Fest!"

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