Tuesday, November 8, 2011

Nausha

Nausha ist auf den halsbrecherischen Straßen der Stadt zu Hause. Lässig lehnt er sich zurück und navigiert durch den Pendlerstrom wie ein erfahrener Seemann. Aus bescheidener Eitelkeit hat er ein künstliches Schafsfell auf das Armaturenbrett geklebt; das verleiht ihm eine ärmliche Noblesse, über die ich mich jedes Mal lustig mache. Wieder einmal hat uns der Zufall am Taxistand zusammengebracht; ich streiche über das struppige Fell und freue mich über den Möchtegern-Macho, der breit grinst, über mich, über sich selbst, und über das Begrüßungsritual. In der nächsten halben Stunde muss er mir so viel Hindi beibringen, wie möglich, denn mit Englisch und Arabisch stoßen wir schnell auf Grenzen, obwohl er stolz von sich behauptet: "Arabic, Enlish... no problem!"
Nausha lacht wie über einen guten Witz und erzählt von Kerala, wohin er alle paar Monate zurück zu seiner Familie reist. Nebenbei rammen wir beinahe fünf Fahrzeuge, an denen wir uns eng vorbeidrücken. Säße ich im Wagen nebenan, mir würde kurz das Herz stocken, aber von Naushas Frontscheibe aus sieht es noch haarsträubender aus: Mein Fahrer schlägt souveräne Breschen in den Verkehrsfluss und erzählt stolz, dass er noch nie einen Unfall hatte! Kleinlaut weise ich ihn auf den Wagen in der Nebenspur hin, als er im Begriff ist die Spur zu wechseln: "Kein Problem, alles unter Kontrolle!" - und wieder schaffen wir es wie durch ein Wunder unfallfrei aus dem Kreisverkehr.
Mitten im brüllenden Nachmittagsstau der Salwa Road sind wir am Ziel, und so schnell wir uns gefunden haben, so schnell verlieren wir uns wieder aus den Augen: "Tumjaate?" - "Amjaate."- Ich gehe, und weiß nicht, ob ich irgendwann wieder hinter Naushas Schafsfell zum Sitzen komme, oder ob der Straßenrebell dann schon längst wieder in Südindien ist. Die Fahrt kostet so viel, wie ich geben will; und Kerala soll ich besuchen, im Frühling!

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