Wednesday, August 24, 2011

Gesundheitsbehörde

Schon im alten Ägypten baute man nur mit dem Blutschweiß Tausender monumental, und Sklavendienste haben auch in der arabischen Welt eine lange Tradition. Ein realistischeres Bild vom Aufbau Qatars, als es die enthusiastischen Plakate und die "Think." Kampagne an den Straßenrändern abgeben, bekommt man beim Gesundheitscheck, der für alle Einwanderer obligatorisch ist. Der Fortschritt am Golf hat nämlich seinen Preis. Ähnlich wie das Wirtschaftswunder in Deutschland einmal nur mit Arbeitsmigranten funktionierte, so gibt es hier eine Unterklasse, die die High Tech Entwicklung des jungen Landes mit Muskelkraft antreibt. Die Bauarbeiter, Haushaltshilfen, Putzer, Träger, Fahrer kommen aus ganz Kleinasien und Ostafrika, ein buntes Völkergemisch in verschiedensten Gewändern und Kopfbedeckungen. In der Gesundheitsbehörde am Stadtrand von Doha treffen sie aufeinander. Man sitzt geduldig im überfüllten Warteraum und versagt sich jeden Tropfen Wasser - Fastenzeit! Jeder muss eine Blutprobe abgeben und sich vor einen Röntgenapparat stellen, bevor er das  Gastarbeitervisum erhält.
Die Behörde ähnelt einem Durchgangslager, in dem Männer und Frauen erst voneinander getrennt werden, dann jeder eine Nummer und einen Scancode erhält, der gewährleisten soll, dass später der richtige Mensch zu jeder Blutprobe passt. Während es in der Männerabteilung einen "VIP" Bereich für nicht-Arbeiter gibt: Businessleute und Uni-Angestellte, sitzen wir "QU Frauen" vier Stunden lang in einem Wirrwar von Stimmen, Farben, Gerüchen. Vor uns eine Stewardessen Gruppe aus Thailand oder Indonesien. Im Halbminutentakt  landen wir zuerst bei der Blutabnahme, durchgeführt von Einwanderinnen, die sich nun ihren gerade aus Übersee eingetroffenen Landsleuten gegenüber wie Kameltreiber verhalten. Besonders die unterste Gruppe "Housemaids" wird angeherrscht und herumgeschubst. Die beiden Frauen mit den Spritzen reißen lauthals Witze, während sie ihre Arbeit ausführen, wie routinierte Metzger in einer Großschlachterei. Zum Röntgen werden im Eiltempo Kittelschürzen ausgeteilt, und Umkleidekabinen am besten gleich zu dritt belegt. Ohne Sicherheitsabstand baut sich die Schlange hinter dem Röntgenapparat auf, und sehr rasch sind wir auf einmal fertig und halten das abgestempelte Gesundheitszeugnis in der Hand - pünktlich um ein Uhr, denn nun ist die verkürtzte Ramadan-Schicht beendet!


Über die Gruppe von Housemaids musste ich noch lange nachdenken. Besonders im Ramadan, so schreibt die englischsprachige Zeitung, entlaufen viele Haushaltshilfen (= Sklavinnen) ihren Arbeitgebern. Wegen der nächtlichen Feierlichkeiten und Iftar-Essen seien sie überarbeitet und bekämen zu wenig Schlaf. Auf einer anderen Seite wird über die Iftar-Essenspakete berichtet, die die Moscheen zur Zeit an Bedürftige austeilen. "Bedürftige," das sind die Arbeiter in den Industriegebieten, deren reguläre Mahlzeiten zu nährstoffarm sind, um es gesund über die Fastenzeit zu schaffen...

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