Thursday, August 18, 2011

Villaggio Mall

Die Villagio Mall ist ein kleines Disney- Venedig, mit hübschen pastellfarbenen Häuserfassaden und einem gemalten Himmel an der Decke. Wir haben unseren Spaß daran, die internationalen Ketten der Parfüm- und Bekleidungsstores in arabischer Schrift zu erkennen: der unvermeidliche "Makdonalds," "Radioshack," "Colors and Beauty," oder "Caran d'ache," auf Russisch würde ich sagen "Bleistift," hier französisch neugeschöpft, eine schweizerische Luxuxkette in arabischer Lautschrift noch einmal verfremdet.
Auf Werbetafeln wirbt ein Telefonanbieter: "Im Ramadan hören die Geschichten nicht auf"- gezeigt wird eine blauverschleierte Dame mit Handy, die im Stil von 1001 Nacht auf reich verzierten Kissen gebettet und von exotischem Flitter aus Alladins Lampe umgeben ist. Mobilfunkfirmen werben für die enorme Reichweite ihrer Netze, indem sie Männer unter sich, in den abgeschiedenen Reichen ihrer Shisha Salons zeigen, nach dem Motto: "Jetzt kann die Ehefrau ihren Mann bis in die verbotenen Tiefen der Rauchstuben folgen!" Oder ein Plakat, auf dem eine Gruppe Qataris mit Jeep in der Wüste sitzt, und die Männer locker ihre Telefone zücken...

Nicht nur wegen der angenehm klimatisierten Luft verbringen wir so viel Zeit in der Mall, sondern auch weil wir zu einer unmöglichen Stunde angekommen sind: Vier Uhr nachmittags sind alle Geschäfte geschlossen, weil die regulären Öffnungszeiten im Ramadan vier Stunden am frühen Morgen, und vier Stunden am späten Abend zum Einkaufen vorsehen. Je verbotener das Essen und Trinken, desto hungriger und durstiger werden wir. Die Kellner von Friday's und den italienischen Bäckereien stehen bereit und schauen hungrigen Passanten nach: zu gern würden sie uns etwas verkaufen. Ich frage mich, wie viel Geschäft so ein religiöses Fest, das sich gleich über einen ganzen Monat erstreckt, eigentlich verdirbt. Während man im Carrefour bunt verpackte Waren in den Wagen gleiten lässt, ertönt im Kaufhausradio Gebetsgesang. Er erinnert den Konsumenten daran, dass es auch noch einen anderen Gott neben dem Geld gibt. Punkt 19 Uhr, nach beendetem Gebet, füllt sich die Mall.  Abayas und Dishdashas strömen in die Gassen auf beiden Seiten der künstlich-blauen Kanäle, wo sich die Gondoliere  auf Kundschaft einstellen.

No comments:

Post a Comment