Tuesday, September 6, 2011

Körper und Zeichen

Sieg der Rationalität: Heute hat der Hausmeister ein Plakat in den Pooleingang gehängt, auf dem Badeanzüge und Shorts beim Schwimmen eindeutig erwünscht sind! Na bitte, zwar kein Freischein für den Bikini, aber immerhin.  Lange Hosen und T-Shirts sind mit dickem Rotstrich durchkreuzt, aus hygienischen Gründen. Trotzdem sitzen ein paar Mädchen langärmelig und mit Kopftuch im Wasser, Eistüte in der einen, Coladose in der anderen Hand, was die Hygiene im Chlorwasser betrifft...

Ich versuche immernoch hinter die Männer- und Frauenwelten im Islam zu schauen. Die beiden Planeten kommen wirklich kaum miteinander in Berührung. Neulich erklärte uns ein Fahrer, dass Hochzeitsfeiern hier ohne Frauen stattfinden! Also, die Männer tanzen miteinander, die Frauen sitzen zu Hause und trinken Tee oder bemalen sich die Hände mit Henna; das schränkt ganze 24 Stunden die Bewegungsfreiheit ein... Frauen dürfen in der Öffentlichkeit nicht angefasst werden, aber die Männer halten sich ausgiebig an den Händen und scheinen sich den ganzen Tag lang zu küssen. Vor allem wenn einer eine wichtige Position hat, wird er immerzu umarmt und innig geküsst, obwohl man Homosexualität hier mit der Peitsche bestraft!
Bashak sagt, alles kommt von der Emotionalität und Körperbetontheit im Orient, die im W
esten durch Abstraktion und Rationalität ersetzt wurden. Wo der Körper im Westen nur noch Zeichen ist und nicht mehr als sexuell wahrgenommen wird, muss er hier verschleiert werden, damit die Welt eine Ordnung behält. - Ach so, deshalb ist FKK in Deutschland so beliebt?! - Im Christentum habe man das Symbol des Kreuzes, und eine abstrahierende Schriftkultur, im Islam mündliche Sprache, die an den Körper, an Mund und Zunge gebunden bleibt. - Ach so, deshalb wird mein Name hier in jeder Behörde anders geschrieben, was nur mich allein stört?!
Ich lese, dass die unterschiedliche Einstellung zu Körper und Zeichen auch eine andere Beziehung zum Geld mit sich bringt: Während man im Westen spart und spekuliert, wird hier kräftig ausgegeben: Für Paläste mit Paradiesgärten, für Diener, die diese pflegen, für große Autos, schöne Pferde, teure Schulen, exquisite Speisen, feine Gewänder, kurz: für alles, was das Ansehen der Familie erhöht, denn Schein ist alles. Geld verdirbt, wenn es nicht von Hand zu Hand geht, sagt ein orientalisches Sprichwort. Der Slogan würde sich in mageren Wirtschaftszeiten auch in Europa gut machen...

No comments:

Post a Comment